Vor Gericht

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Niemand bekommt gern „offizielle“ Post. Meist steht nichts Gutes drin. Entweder ist man wieder zu schnell gefahren oder hat falsch geparkt und muss Verwarngeld zahlen.

Noch schlimmer ist es, wenn man vom Gericht vorgeladen wird. Musstest du je vor Gericht als Zeuge erscheinen oder gar als Angeklagter? Dann bist du bei folgendem Bibelvers bestimmt irritiert:

Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem Herrn, denn er kommt, um die Erde zu richten. (1. Chronik 16,33)

Es ist wirklich ein eigenartiges Lob Gottes – das ist es nämlich. David lobt Gott durch den Mund Asafs, weil die Bundeslade – dieses heiligste aller Heiligtümer – nach Jerusalem überführt wird. Der Jubel umfasst die Befreiung des Volkes Israel von den Philistern, die sie in den vergangenen Jahrhunderten hart bedrängt hatten. Endlich gibt es mit Jerusalem einen Ort, an dem Israel sich sicher fühlen und Gott anbeten kann. Endlich ist die Verheißung erfüllt, die vor so langer Zeit Abraham gegeben wurde. Seine Nachkommen sind zahlreich geworden und bewohnen das Land Kanaan. Dieses Lob ist eine Reaktion darauf: Seht Gottes Herrlichkeit! Seht, wie er seine Versprechen wahrmacht! Alles, was lebt, sogar die Bäume sollen Gott rühmen, der alles gemacht hat!

Aber jubeln, weil Gott die Erde richtet? Das ist für uns eher Grund zur Panik! Vor Gericht kommen doch nur Leute, die etwas verbrochen haben und bestraft werden müssen! Offenbar hat unser Text eine ganz andere Vorstellung – und das könnte heilsam auch für uns sein.

Gerichtsverhandlungen sind nicht nur dazu da, um Urteile zu sprechen und Strafen zu verhängen. Sie dienen auch der Wahrheitsfindung. Was ist wirklich passiert? Wie ist es wirklich gewesen? Genau darum geht es beim berühmten Gericht am Ende der Tage auch: Es wird aufgearbeitet, was gewesen ist. Die oft undurchschaubaren und verwirrenden Stränge des Lebens werden mit Gott an unserer Seite entwirrt, bis sie klar vor uns liegen. Endlich können wir sie noch einmal anschauen ohne Idealisierung oder blinde Flecken, ohne etwas schönzureden oder schlechtzumachen. Da darf gelobt werden, was gut war. Da muss noch einmal ans Tageslicht kommen, was misslungen ist. Nur so ist echtes Heil möglich.

Das gilt auch für den weltweiten Maßstab. Die Welt kann sehr trostlos sein und man müsste eigentlich an ihrer Ungerechtigkeit, ihren Lügen und Ideologien verzweifeln. Millionen Menschen werden zerrieben unter der Gewalt der Soldatenstiefel, die selbst nur Opfer sind der Ränkespiele der Mächtigen, die nur gleichgültig mit den Schultern zucken und sagen: Der Realismus der Wirklichkeit gebietet nun einmal jede Form von Leid und Gewalt.

Der Glaube sagt aber, dass es nicht bei dieser Ungerechtigkeit bleiben wird. Am Ende der Tage gibt es das Gericht Gottes. Auf dieser Bühne werden die Opfer noch einmal zu Wort kommen und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb ist das Gericht Gottes ein Grund zum Jubeln: Da entstehen Gerechtigkeit und Heil.