Gute Wünsche

Anstoßen

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Es gibt viele Gelegenheiten, einander zu beglückwünschen: Zum Geburtstag, zum erfolgreichen Geschäftsabschluss, wenn man in den Urlaub fährt oder umzieht.

Zur Hochzeit, zur Taufe, zur Geburt eines Kindes oder Enkels – immer werden solche Momente begleitet vom Zuspruch anderer Menschen. Es gehört so sehr zu unserem Leben dazu, dass wir gar nicht tiefer darüber nachdenken. Aber sie offenbaren etwas sehr Wichtiges über uns Menschen: Wir lieben Gemeinschaft und brauchen Wertschätzung.


Es wäre ein ziemlich trostloser Geburtstag, wenn wir keine Geburtstagsgrüße bekämen. Die Verleihung des Studienabschlusses oder Doktortitels wäre nur halb so schön, wenn Familie und Freunde nicht dabei wären und sich mitfreuen würden. Diese Beglückwünschung ist gleichzeitig eine Bestätigung und es ist nicht verwunderlich, dass sie in der Bibel eine sehr große Rolle spielt. Da nennt man sie Segen und einen solchen Segen spricht Isaak seinem Sohn zu:

Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle. (1. Mose 27,28)

Dieser Satz sagt, der Empfänger möge nicht um alles in seinem Leben kämpfen müssen. Er soll aus dem Vollen schöpfen können: Die Arbeit seiner Hände auf dem Feld soll ihm einen Ertrag bringen, von dem er im Überfluss leben kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen. Der Tau vom Himmel ist der Regen und das Fett der Erde der ertragreiche Boden. Isaak wünscht gemäß seiner Zeit, in der er gelebt hat, Reichtum und Wohlstand, der aus günstigem Regen und gutem Boden erwächst. Dieser Wunsch könnte heute moderner heißen: Ich wünsche dir ein hohes Einkommen, mit dem du am Ende des Monats auch noch den Benzintank füllen und mit deinen Freunden essen gehen kannst.

So wunderbar dieser Segen ist, so schwierig sind die Umstände: Er ist eigentlich an Esau gerichtet. Der Erstgeborene hat Anspruch darauf, aber Jakob bekommt ihn auf betrügerische Weise. Anschließend gibt es den Eklat und er muss fliehen, denn Isaak hat nur diesen einen Segen und kann ihn nicht wiederholen. Uns kommt sofort die Frage: Warum nicht? Isaak braucht doch nur diesen Satz noch einmal zu sagen. Man könnte es als Aberglauben abtun. In unserer aufgeklärten Welt wissen wir: Solche Segenssätze haben keine magische Kraft. Trotzdem: Damals hatten die Menschen ein tieferes Verständnis für die Wirkung von Worten als wir heute. Auch für die Einmaligkeit und Besonderheit eines jeden Zuspruchs, den man einem Menschen gibt. Er ist unwiederholbar und gilt immer für den Moment, diesen Augenblick, in dem er ausgesprochen wird. Wir entdecken das allmählich wieder: Worte schaffen Realität – auch eine ganz persönliche Lebensrealität. Im Kommentar einer YouTuberin steht: „Du hast aber ganz schön fette Beine!“ Vor dem Spiegel betrachtet sie sich und denkt zunächst, dass ihre Beine ganz normal aussehen. Aber der Zweifel nagt an ihr und irgendwann glaubt sie, dass ihre Beine wirklich fett aussehen. Umgekehrt genauso: Zuspruch und Ermutigung kann Menschen aktivieren und zum Besseren verändern. Ich erinnere mich an ein Gespräch, in dem ein Mann über sich selbst sagte: „Ich bin zu nichts nütze.“ Ich war ganz verwundert über diese Selbstaussage und gab ihm spontan einige Gegenbeispiele, wo er geholfen und tatkräftig angepackt hatte. Er begann allmählich an seinen eigenen Wert zu glauben. Das neue Selbstvertrauen veränderte seine Stimmung und sein ganzes Auftreten.

Worte haben Wirkung. Deshalb ist es gut, sorgsam mit ihnen umzugehen. Vor allem, wenn wir sie an andere richten. Es ist nicht nur gut für die Atmosphäre, wenn wir einander Gutes wünschen und den Segen Gottes zusprechen. Es schafft auch einen Raum des Göttlichen, in dem wir uns entfalten und aneinander das Gute entdecken können, das nicht länger verborgen bleiben soll.